Menschen, deren Laune sich schlagartig aufhellt, wenn sie die Zahnarztpraxis betreten, dürften die absolute Ausnahme bilden. Die meisten spüren eher ein unbehagliches Gefühl, wenn sie den Geruch der Praxis wahrnehmen. Womit wir bereits einen ersten Unterschied zwischen Unbehagen und ausgeprägter Angst ausgemacht haben. Es ist üblich und nicht behandlungsbedürftig, wenn wir ungern zum Zahnarzt gehen. Von einer Dentalphobie dagegen kann man sprechen, wenn alleine der Gedanke an den Zahnarzt oder der Geruch der Praxis ausreicht, um Schweißausbrüche, Übelkeit und Angstattacken hervorzurufen.
Menschen mit Zahnarztangst empfinden sehr extreme Gefühle der Angst und Panik, wenn sie sich mit der Notwendigkeit des Zahnarztbesuches auseinandersetzen. Darin liegt auch der Grund dafür, dass sie den Gang in die Praxis scheuen, oft über viele Jahre. Die Folgen sind Zähne, die dringend behandelt werden müssen. Oft wird jedoch die Behandlung so lange aufgeschoben, bis der Mensch mit Dentalphobie wirklich keine andere Wahl mehr hat. Dann jedoch steckt er mitten drinnen im Teufelskreis, denn umfassende Behandlungen steigern die Angst erneut. Doch es gibt Lösungen für Zahnarztangst.
Menschen mit Zahnarztangst zeigen sowohl körperliche als auch psychische Symptome. Körperlich treten häufig Schweißausbrüche oder Kälteschauer auf, aber auch Herzrasen und starkes Herzklopfen kommen vor. Rückt der Termin näher, treten häufig Schwindel und Benommenheit auf, Zittern und kribbelnde Haut können hinzukommen.
Zahnarztangst kann auch zu Muskelverspannungen führen, Mundtrockenheit und Schluckbeschwerden hervorrufen und Ermüdungserscheinungen und häufiges Wasserlassen zur Folge haben.
Keineswegs zu unterschätzen sind die psychischen Belastungen von Menschen mit Dentalphobie. So werden oft selbst unaufdringliche Geräusche als zu laut empfunden, die Betroffenen reagieren schreckhaft und ängstlich. Durch die andauernde Anspannung fällt zudem das natürliche Entspannen schwer, die Konzentrationsfähigkeit nimmt ab. Beginnend beim Erröten können bei Angstpatienten Entfremdungsgefühle, Schlafstörungen, Panikattacken und eine erhöhte Reizbarkeit auftreten.
Über die Ursachen für Dentalphobie gehen die Meinungen auseinander. Sie reichen von genetischen Defekten und Vererbbarkeit bis hin zu traumatischen Erfahrungen von Menschen. Man kann davon ausgehen, dass die Angst aus unterschiedlichen „Ecken“ kommt, doch die Annahme, dass in die Vergangenheit zurückreichende traumatische Erlebnisse den Ausschlag für die Panik geben, gehört zu den schlüssigsten Analysen.
Oft liegt die Dentalphobie in der Kindheit begründet. Wenn ein Kind an einen nicht empathischen Zahnarzt gerät und die Behandlung als schwere Belastung erlebt, kann sich eine ausgeprägte Angst manifestieren, die sich über Jahre und Jahrzehnte aufbaut und stabilisiert. Wichtige Erkenntnisse bieten hier beispielsweise Psychotherapien, in denen die Geschichte des Patienten aufgearbeitet wird.
Im Gegensatz zu früheren Zeiten wird Dentalphobie heute durchaus ernst genommen. Waren Betroffene früher „Weicheier“, die man nicht weiter ernst nahm, ist die Dentalphobie heute allgemein anerkannt. Das bietet Perspektiven, denn die Behandlung von Menschen mit Zahnarztangst ist heute umfassend und berücksichtigt die Emotionen der Patienten.
In extremen Fällen hilft bei Dentalphobie nur die Vollnarkose. Doch bevor diese als Maßnahme favorisiert wird, sollten andere Möglichkeiten der Behandlung bedacht werden. Schließlich ist eine Narkose immer auch mit Risiken verbunden, zudem wird diese von den Krankenkassen im Allgemeinen nicht bezahlt.
Denkbare Alternativen sind der Tiefschlaf, die Hypnose, aber auch Entspannungstechniken, die die Angst spürbar reduzieren können. Eine Psychotherapie sollte als begleitende Maßnahme in Erwägung gezogen werden, um nicht nur an den Symptomen anzusetzen, sondern sich auch mit den Ursachen zu befassen.
Die Frage, ob und welche Behandlungen im Zusammenhang mit Zahnarztangst von der Krankenversicherung übernommen wird, lässt sich pauschal nicht beantworten. Zum einen ist jeder Fall anders gelagert und dementsprechend individuell zu betrachten. Zum anderen macht es einen Unterschied, ob der Patient privat oder gesetzlich versichert ist.
Für gesetzlich Versicherte sind die Möglichkeiten der Kostenerstattung ausgesprochen übersichtlich. Zwar ist die Kostenübernahme einer Psychotherapie durchaus denkbar, die eigentliche Behandlung – zum Beispiel unter Vollnarkose – wird in der Regel aber nicht bezahlt, bzw. nur in dem Rahmen, den der Gesetzgeber vorsieht. Damit wird auf die Ängste und Bedürfnisse von Angstpatienten in nur mäßigen Maße eingegangen. Die Krankenkassen argumentieren meist über die „medizinische Notwendigkeit“, die vorliegen muss, um Behandlungen zu erstatten. Die Psychotherapie kann daher vielfach als medizinische Notwendigkeit erachtet werden, eine spezielle Behandlung beim Zahnarzt dagegen nicht. Dies entspricht zwar den gesetzlichen Rahmenbedingungen, ist allerdings vom Stand des gesunden Menschenverstandes kaum nachvollziehbar.
Etwa anders sieht die Handhabung bei privat versicherten Patienten aus. Für sie besteht unter Umständen die Möglichkeit der Kostenerstattung. Ob das tatsächlich der Fall ist, hängt aber erstens mit dem Tarif zusammen, den der Versicherte gewählt hat. Und zweitens immer eben auch mit dem Einzelfall. Es ist also dringend davon abzuraten, sich die Bestimmungen seines Krankenversicherungstarifen durchzulesen und daraus abzuleiten, dass die Behandlung übernommen wird. Vielmehr ist grundsätzlich eine Anfrage bei der Krankenversicherung zu empfehlen, um auf der sicheren Seite zu sein. Das gilt übrigens auch für die gesetzliche Krankenkasse. Denn auch wenn die Chancen auf Erfolg nicht sehr hoch sind, nachfragen sollten Sie auf jeden Fall. Und schließlich kostet das ja nichts.